1950er Mertens-Kunst: Rote Pechmarie mit Hand vorm Gesicht, Siebdruck, 23 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Red Pitch Mary with Hand in Front of Face, Screen-printed, 23 cm, German Wall Figure

WIE HEISSEN DIE DENN JETZT? Die Märchen-Holzbilder aus dem letzten Jahrhundert haben viele Namen; so viele, dass sie eigentlich keinen haben. Ich habe den Genre-Namen „Märchen-Holzbilder“ geprägt, denn es sind Bilder aus Holz, meist mit klassischem Märchenmotiv. Mein englischer Genre-Name beschreibt die zusätzlichen Eigenschaften der „German Wall Figures“: Sie stammen zu 99 % aus Deutschland und sind Figuren, die man an die Wand hängt. Selbst die Hersteller hatten damals unterschiedliche Bezeichnungen für die Figuren. Sie nannten sie damals „Wandfiguren“ (Mertens), „Märchenfiguren“ (Heller), „Märchen-Wandfriese“ (Ravi) oder auch „Kinder-Wandbilder“ (Münchner).

🇬🇧 WHAT ARE THEY CALLED, NOW? The German Wall Figures from the last century have many names—so many that they basically have none. I coined two genre names: The German one is “Märchen-Holzbilder”, which translates to fairy tale wood pictures. The English genre name describes their other key features: “German Wall Figures.” 99% of them (millions, actually) were made in Germany and meant to be hung on the wall. Even the manufacturers used different terms back then: “Wandfiguren” (Mertens), “Märchenfiguren” (Heller), “Märchen-Wandfriese” (Ravi), or “Kinder-Wandbilder” (Münchner). (Buch/25)

1970er Mertens-Kunst: Strandmädchen mit Kirsch-Zopfbändern, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1970s Alfred Mertens: Beach Girl with Cherry Hair Ties, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

MERTENS, WASSERBALL-MÄDCHEN: Eines der ersten Märchen-Holzbilder, die ich jemals gesehen habe (das war im Februar 2014), war die 1970er-Mertens-Figur von dem Strandkind mit Kirsch-Zopfbändern, wie sie damals gerade in Mode waren. Erinnerungen kamen hoch: Ich weiß noch, wie sie sich anfühlten – die glatten, roten, runden Kirschen-Zopfbänder. Und beim Strand denke ich immer an Haffkrug damals an der Ostsee: überall die gelbe Werbung für Delial-Sonnenmilch und die blauen Nivea-Sonnenmilchflaschen, die wir benutzten und später als Wasserpistole verwendeten. Manchmal war es so heiß, dass der Sand sogar unter den Fußsohlen brannte. Vor den Strandpromenade-Läden buntes Sandspielzeug und das Softeis mit Schokostreuseln. In dem Moment also, als ich 2014 diese Figur in den Händen hielt, war ich infiziert, und meine Märchen-Holzbild-Forschung konnte beginnen.

🇬🇧 MERTENS, BEACH BALL GIRL: One of the first German Wall Figures I ever saw (in February 2014) was the 1970s Mertens wood picture of the beach child with cherry hair ties, which had been fashionable at the time. Memories came flooding back: I still remember how they felt—those smooth, red, round cherry hair ties. And when I think of the beach, I always think of Haffkrug back then at the Baltic Sea: the yellow advertisements for Delial sunscreen and the blue Nivea bottles that we used—and later turned into water pistols. Sometimes it was so hot that the sand burned under the soles of our feet. In front of the beach promenade stores, there were colorful sand toys and we had soft serve ice cream with chocolate sprinkles. From the moment I held this beach girl wood plaque in my hands in 2014, I got hooked, and my German Wall Figures research began shortly afterwards. (Buch/25)

1950er Mertens-Kunst: Geburtstags-Zwerg „Gratulant“ mit Napfkuchen und Kerzenschein, Siebdruck, 23 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Birthday Dwarf with Bundt Cake and Candlelight, Screen-printed, 23 cm, German Wall Figure

WIRTSCHAFTSWUNDER-FIGUREN: Märchen-Holzbilder aus den 1950er rund 1960er sind oft besonders fröhlich und unbeschwert. Die Personen auf den Kinder-Wandfiguren hatten quasi das Lächeln gelernt. Der Zweite Weltkrieg und die Hungerjahre kurz danach waren endlich vorbei, das deutsche Wirtschaftswunder hatte begonnen und viele Kinder wurden geboren – sehr viele. Deshalb spricht man auch vom Babyboom und den Babyboomern. Das waren damals die geburtenstarken Jahrgänge, zu denen ich mit dem Geburtsjahr 1963 auch gehöre. Ein Buch von 2009 von Martin Rupps trug den entsprechenden Titel: „Wir Babyboomer … Wir waren immer zu viele.“

🇬🇧 ECONOMIC MIRACLE FIGURES: The German Wall Figures of the 1950s and 1960s were often particularly cheerful and carefree. The people on these wood pictures had practically learned to smile. The Second World War and the famine years shortly thereafter were over, the German economic miracle had begun, and many children were being born—very many. That’s why we also speak of the baby boom and the baby boomers. I was born in 1963, so I am one of those children. A 2009 book by Martin Rupps bore the appropriate title: „We Baby Boomers … We Were Always Too Many.” (Buch/25)

1960er Mertens-Kunst: Brüderchen und Schwesterchen mit Blumenkopftuch, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Brother and Sister with Flower Headscarf, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

KINDCHENSCHEMA: Das „Kindchenschema“ ist ein wissenschaftlicher Begriff. Große Köpfe und große Augen werden intuitiv als besonders niedlich und schützenswert empfunden. Der Begriff wurde im letzten Jahrhundert vom Nobelpreisträger Konrad Lorenz (Zoologe) geprägt. Vor allem in den Sechziger- und Siebzigerjahren waren diese besonders niedlichen Motive sehr beliebt. Viele Hersteller von Märchen-Holzbildern wandten das Kindchenschema an. Beispiel: Das 1930er-Mertens-Schneewittchen mit dem knielangen Zopf und dem Babybauch hat einen sehr kleinen Kopf, während das 1960er-Ballkleid-Schneewittchen von Mertens einen dreimal so großen Kopf hat.

🇬🇧 CUTENESS: “Cuteness” is actually a scientific expression. The German term for it (“Kindchenschema”) is internationally used: It was coined by the German zoologist Konrad Lorenz (Nobel Prize winner) in the last century. A large head and big eyes make people (and mammals, too) intuitively want to protect the young ones. These cute motifs were especially popular in the 1960s and 1970s. Many producers of German Wall Figures applied this to their children’s wood plaques. Example: The 1930s Mertens Snow White with the longest braid (and a baby belly) has a very small head, while the 1960s Mertens “Ball Dress Snow White” has a head three times its size. (Buch/25)

1950er Mertens-Kunst: Filigrane tanzende Puppenmutter „Mittag“, Siebdruck, 20 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Delicate Dancing Doll Mother “Noon,” Screen-printed, 20 cm, German Wall Figure

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PUPPENMÜTTER: Viele Hersteller von Märchen-Holzbildern hatten auch die beliebten Puppenmütter im Programm. Neben der Puppe wurden häufig auch folgende Beigaben gezeigt: Puppenwagen, Wiege, Babytragetuch, Teddies oder ein Löffel zum Füttern. Auch die Haarfarben waren unterschiedlich, denn die meisten menschlichen Puppenmütter wollte auch gerne ein Puppenmutter-Holzbild mit ihrer eigenen Haarfarbe haben. Die schwarzhaarige Puppenmutter von Mertens hat einen reizenden weißen Blumenkranz auf dem Kopf. Mein Favorit ist die tanzende Puppenmutter mit Zöpfen, ebenfalls von Alfred Mertens, aus den Fünfzigerjahren.

🇬🇧 DOLL MOTHERS: Many producers of the old German Wall Figures had doll mother figures, sometimes with accessories like a doll pram, baby sling, cradle, teddy bears or even a spoon to feed the doll. They came in different hair colors because most human doll mothers liked a wall hanging with her own hair color. The black hair doll mother by Mertens had a pretty white flower crown. My favorite stems from Mertens, too: It’s the dancing doll mother with braids from the Fifties. (Buch/25)

1960er Mertens-Kunst: Rapunzel mit Turm und rotblondem Zopf, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Rapunzel with Tower and Red-Blond Braid, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

MERTENS, ÜBERSICHT: Wenn Alfred Mertens, der Gründer von Mertens-Kunst, heute noch leben würde, wäre er inzwischen über 120 Jahre alt. Alfred Mertens wurde am 21.3.1898 in Wiesbaden geboren. Das liegt rund 250 Kilometer von Pfullingen entfernt, wo Mertens-Kunst später produziert hat. Die Anmeldung in Pfullingen war am 5.10.1936, in der Panoramastraße 20, später Bergstraße 15, ab 1971 in der Carl-Zeiss-Straße 7. Einige Mertens-Holzbilder scheinen mir allerdings älter zu sein als 1936. Weiß jemand, ob Alfred Mertens zuvor vielleicht in einer anderen Stadt seine Manufaktur hatte? Die allerletzten Märchen-Holzbilder von Mertens-Kunst wurden in den 1980er-Jahren hergestellt. So kann man sagen, dass die Ära der Mertens-Wandfiguren (mindestens) sechs Jahrzehnte lang andauerte – von den 1930er- bis zu den 1980er-Jahren.

🇬🇧 MERTENS, OVERVIEW: If Alfred Mertens, the founder of Mertens-Kunst, were still alive today, he would be over 120 years old. He was born on March 21st, 1898, in Wiesbaden. Wiesbaden is about 250 kilometers from Pfullingen, the town where Mertens-Kunst later began production on October 5th, 1936—first at Panoramastraße 20, later at Bergstraße 15, and from 1971 at Carl-Zeiss-Straße 7. However, some German Wall Figures by Mertens appear to be older than 1936. Does anyone know if Alfred Mertens may have had a handicraft studio in a different city before Pfullingen? The very last fairy tale pictures by Mertens-Kunst were produced in the 1980s. So it can be said that the era of Mertens wall figures lasted (at least) six decades—from the 1930s to the 1980s. (Buch/25)

1960er Mertens-Kunst: Blondes Sternenschweif-Sterntaler im hellblauen Kleid, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Blonde Star-Tail Sterntaler in Light Blue Dress, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

MERTENS, ÜBERSICHT: Wenn Alfred Mertens, der Gründer von Mertens-Kunst, heute noch leben würde, wäre er inzwischen über 120 Jahre alt. Alfred Mertens wurde am 21.3.1898 in Wiesbaden geboren. Das liegt rund 250 Kilometer von Pfullingen entfernt, wo Mertens-Kunst später produziert hat. Die Anmeldung in Pfullingen war am 5.10.1936, in der Panoramastraße 20, später Bergstraße 15, ab 1971 in der Carl-Zeiss-Straße 7. Einige Mertens-Holzbilder scheinen mir allerdings älter zu sein als 1936. Weiß jemand, ob Alfred Mertens zuvor vielleicht in einer anderen Stadt seine Manufaktur hatte? Die allerletzten Märchen-Holzbilder von Mertens-Kunst wurden in den 1980er-Jahren hergestellt. So kann man sagen, dass die Ära der Mertens-Wandfiguren (mindestens) sechs Jahrzehnte lang andauerte – von den 1930er- bis zu den 1980er-Jahren.

🇬🇧 MERTENS, OVERVIEW: If Alfred Mertens, the founder of Mertens-Kunst, were still alive today, he would be over 120 years old. He was born on March 21st, 1898, in Wiesbaden. Wiesbaden is about 250 kilometers from Pfullingen, the town where Mertens-Kunst later began production on October 5th, 1936—first at Panoramastraße 20, later at Bergstraße 15, and from 1971 at Carl-Zeiss-Straße 7. However, some German Wall Figures by Mertens appear to be older than 1936. Does anyone know if Alfred Mertens may have had a handicraft studio in a different city before Pfullingen? The very last fairy tale pictures by Mertens-Kunst were produced in the 1980s. So it can be said that the era of Mertens wall figures lasted (at least) six decades—from the 1930s to the 1980s. (Buch/25)

1960er Mertens-Kunst: Hellblaues Sterntaler mit Sternenkranz und Tannenwald, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Light Blue Star Money Girl with Star Crown and Pine Trees, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

MERTENS, HANDSTEMPEL-ENDE: Kurz vor 1970 hatte Mertens-Kunst damit begonnen, das Copyright-Jahr auf die Rückseiten zu drucken – was ein Segen für Sammler heutzutage ist. Damit war für Mertens die Zeit der manuellen Handstempel endgültig vorbei, und der Rückseitendruck erfolgte komplett maschinell. Es gibt allerdings noch eine Übergangsphase zwischen den letzten Handstempeln und der Copyright-Jahr-Bedruckung: Ich ordne diese Figuren den früheren 1960er-Jahren zu, als die Alfred-Mertens-Figuren schon komplett maschinell bedruckte Rückseiten hatten, aber noch keine Jahreszahl angegeben wurde.

🇬🇧 MERTENS, END OF HANDSTAMPING: Shortly before 1970, Mertens-Kunst began printing the copyright year on the backs of their German Wall Figures–a true blessing for collectors nowadays! That also marked the end of the hand-stamped backs by Mertens, as all printing was done mechanically from then on. However, there was a transition phase between the last hand-stamps and the copyright year markings: I assign these figures to the early 1960s, when the backs were already fully machine printed but the year had not yet been added. (Buch/25)

1960er Mertens-Kunst: Rote Pechmarie mit Hahn und Hochfrisur, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Red Pitch Mary with Rooster and Updo, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

FRAU HOLLE: Es gibt zwei unterschiedliche Versionen von diesem Märchen. Bei den Brüdern Grimm hat Frau Holle erschreckend große Zähne, und die Mädchen bleiben namenlos. Bei Ludwig Bechstein hingegen ist „Frau Holle“ ein Mann, und die Mädchen heißen Goldmarie und Pechmarie. Trotzdem scheint es jeder zu verstehen, wenn von „Frau Holles Goldmarie“ die Rede ist. Frau Holle, Goldmarie und Pechmarie sind sehr beliebte Motive auf den alten Märchen-Holzbildern aus dem letzten Jahrhundert. Ich kenne sie zum Beispiel von Mertens, Ravi und Original Bergischer Engel.

🇬🇧 MOTHER HOLLE: There are two very different versions of this fairy tale. In the Brothers Grimm version, Mother Holle/Hulda has enormous, frightening teeth, and the girls remain unnamed. In Ludwig Bechstein’s version, “Mother Holle” is a man, and the girls are called Goldmarie (Golden Mary) and Pechmarie (Pitch Mary). However, everyone understands the phrase “Mother Holle’s Golden Mary” — at least if they know the story. Mother Holle, Golden Mary, and Pitch Mary are very popular motifs on German Wall Figures of the last century. I’ve seen them, for example, from Mertens, Ravi, and Original Bergischer Engel. (Buch/25)

1950er Mertens-Kunst: Herzwiege „Eia Popeia“ mit blauen Punkten und gelbem Kissen, Siebdruck, 26 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Heart Cradle “Eia Popeia” with Blue Dots and Yellow Pillow, Screen-printed, 26 cm, German Wall Figure

AUFHÄNGUNG, NACHTRÄGLICH: Bei vielen der alten Märchen-Holzbildern fehlt inzwischen der Aufhänger. Ich habe schon viele nachträglich verwendete Aufhänge-Methoden gesehen, zum Beispiel ein Lederstreifen mit Loch, kleine Metallplatten mit zwei Nägelchen und einem Metalldreieck, ein einfaches Nagelloch im Holz, mit Pflaster oder sogar Briefmarken aufgeklebte Wolle, Klebemasse von einer Heißklebepistole mit Draht, breite Streifen von doppelseitigem Klebeband oder wiederverwendbare dicke Klebepunkte. Ich selbst benutze den Klassiker – die runden, gummierten Stoffaufhänger mit Metalldreieck von Herma. Nach dem Trocknen stellt man allerdings häufig fest: Das Bild hängt schief. Also präpariere ich die Aufhänger, indem ich sie auf besonders stark klebendes doppelseitiges Klebeband klebe („Tesa, extra strong“) und dann außen das überstehende Klebeband abschneide. Dann hat man einen Aufhänger, den man vorsichtig an einem Nagel testen kann, bis die Figur gerade hängt. Erst dann drücke ich den Aufhänger ganz fest an.

🇬🇧 HANGING, MAKESHIFT: Many old German Wall Figures are now missing their hangers. I’ve seen many makeshift hanging methods: for example, leather strips with a hole; small metal plates with two tiny nails and a metal triangle; simply a nail hole in the wood; wool glued on with a plaster or a postage stamp; glue from a hot glue gun with wire; wide strips of double-sided tape; or reusable thick sticky pads. I personally use the classic method: the round, fabric hangers with the metal triangle from Herma. However, after they’ve dried, you often find the picture hangs crooked. So I prepare the hangers by sticking them onto extra-strong double-sided tape (“Tesa, extra strong”) and then trimming off the excess tape around the edges. This gives you a hanger that you can carefully test on a nail until the figure hangs straight. Only then do I press it down firmly. (Buch/25)