1950er Mertens-Kunst: Rote Pechmarie mit Hand vorm Gesicht, Siebdruck, 23 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Red Pitch Mary with Hand in Front of Face, Screen-printed, 23 cm, German Wall Figure

WIE HEISSEN DIE DENN JETZT? Die Märchen-Holzbilder aus dem letzten Jahrhundert haben viele Namen; so viele, dass sie eigentlich keinen haben. Ich habe den Genre-Namen „Märchen-Holzbilder“ geprägt, denn es sind Bilder aus Holz, meist mit klassischem Märchenmotiv. Mein englischer Genre-Name beschreibt die zusätzlichen Eigenschaften der „German Wall Figures“: Sie stammen zu 99 % aus Deutschland und sind Figuren, die man an die Wand hängt. Selbst die Hersteller hatten damals unterschiedliche Bezeichnungen für die Figuren. Sie nannten sie damals „Wandfiguren“ (Mertens), „Märchenfiguren“ (Heller), „Märchen-Wandfriese“ (Ravi) oder auch „Kinder-Wandbilder“ (Münchner).

🇬🇧 WHAT ARE THEY CALLED, NOW? The German Wall Figures from the last century have many names—so many that they basically have none. I coined two genre names: The German one is “Märchen-Holzbilder”, which translates to fairy tale wood pictures. The English genre name describes their other key features: “German Wall Figures.” 99% of them (millions, actually) were made in Germany and meant to be hung on the wall. Even the manufacturers used different terms back then: “Wandfiguren” (Mertens), “Märchenfiguren” (Heller), “Märchen-Wandfriese” (Ravi), or “Kinder-Wandbilder” (Münchner). (Buch/25)

1940er Mertens-Kunst: Küssendes Brüderchen und Schwesterchen im grünen Kleid, Handbemalt, 15×17 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Alfred Mertens: Kissing Brother and Sister in Green Dress, Hand-painted, 15×17 cm, German Wall Figure

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BRÜDER GRIMM ZUM ANFASSEN: Es waren vor allem die Helden der Brüder Grimm, die damals auf den Märchen-Holzbildern verewigt wurden. So ein Geschenk gab einem Kind etwas Solides in die Hand – eine hölzerne Verkörperung seiner Gutenachtgeschichten. Jetzt, im neuen Jahrtausend, gibt es viele Erwachsene, die diese Figuren (wieder) sammeln. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass im heutigen digitalen Zeitalter etwas Festes, etwas Solides, etwas aus dem Natur- und Urmaterial Holz wieder neu geschätzt wird; besonders, wenn es auch noch Kindheitserinnerungen weckt. Erstaunlich ist, dass das selbst bei jenen der Fall ist, die damals gar keine Märchen-Holzbilder von hochwertigen Manufakturen wie Heller, Mertens oder Ravi kannten oder besaßen. Zu Letzteren gehöre ich selbst: Ich habe 2014 zum ersten Mal eine solche Figur in den Händen gehalten, obwohl ich 1963 geboren wurde.

🇬🇧 BROTHERS GRIMM TO HOLD: It was primarily the Brothers Grimm heroes who were immortalized on the German Wall Figures back then. Such a gift gave a child something solid to hold–a wooden embodiment of their bedtime stories. Now, in the new millennium, many adults are collecting these figures again. This is certainly also due to the fact that in today’s digital age, something tangible, something stable, something made from the primal material of wood is newly appreciated–especially when it brings back childhood memories. Strangely enough, this is also true for those who, as children, never knew or owned any of these wood pictures from high-quality manufacturers such as Heller, Mertens or Ravi. I am one of them: I held such a figure in my hands for the first time in 2014, although I was born back in 1963. (Buch/25)

1970er Mertens-Kunst: Strandmädchen mit Kirsch-Zopfbändern, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1970s Alfred Mertens: Beach Girl with Cherry Hair Ties, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

MERTENS, WASSERBALL-MÄDCHEN: Eines der ersten Märchen-Holzbilder, die ich jemals gesehen habe (das war im Februar 2014), war die 1970er-Mertens-Figur von dem Strandkind mit Kirsch-Zopfbändern, wie sie damals gerade in Mode waren. Erinnerungen kamen hoch: Ich weiß noch, wie sie sich anfühlten – die glatten, roten, runden Kirschen-Zopfbänder. Und beim Strand denke ich immer an Haffkrug damals an der Ostsee: überall die gelbe Werbung für Delial-Sonnenmilch und die blauen Nivea-Sonnenmilchflaschen, die wir benutzten und später als Wasserpistole verwendeten. Manchmal war es so heiß, dass der Sand sogar unter den Fußsohlen brannte. Vor den Strandpromenade-Läden buntes Sandspielzeug und das Softeis mit Schokostreuseln. In dem Moment also, als ich 2014 diese Figur in den Händen hielt, war ich infiziert, und meine Märchen-Holzbild-Forschung konnte beginnen.

🇬🇧 MERTENS, BEACH BALL GIRL: One of the first German Wall Figures I ever saw (in February 2014) was the 1970s Mertens wood picture of the beach child with cherry hair ties, which had been fashionable at the time. Memories came flooding back: I still remember how they felt—those smooth, red, round cherry hair ties. And when I think of the beach, I always think of Haffkrug back then at the Baltic Sea: the yellow advertisements for Delial sunscreen and the blue Nivea bottles that we used—and later turned into water pistols. Sometimes it was so hot that the sand burned under the soles of our feet. In front of the beach promenade stores, there were colorful sand toys and we had soft serve ice cream with chocolate sprinkles. From the moment I held this beach girl wood plaque in my hands in 2014, I got hooked, and my German Wall Figures research began shortly afterwards. (Buch/25)

1940er Mertens-Kunst: Dünne orange Froschkönig-Prinzessin, Handbemalt, 20 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Alfred Mertens: Skinny Orange Frog Prince Princess, Hand-painted, 20 cm, German Wall Figurea

MERTENS, FARBEXPLOSION: Die Manufaktur von Alfred Mertens hatte während des Zweiten Weltkriegs besonders stark – so sehr wie kein anderer der großen Hersteller von Märchen-Holzbildern – unter dem Materialmangel gelitten. Die Figuren aus den Kriegsjahren waren klein, blass und matt, denn besonders der Schutzlack (Firnis) war nicht mehr verfügbar gewesen. Das ist der Grund, warum die Mertens-Holzbilder der ersten Nachkriegsjahre extrem hervorstechen: Alle Farben waren wieder verfügbar, auch der Schutzlack, der die Figuren erst richtig zum Leuchten brachte. Das Kriegsende scheint dem Mertens-Team besonderen Mut gemacht zu haben, denn neben der „Farbexplosion“ (bunter als je zuvor!) gab es auch viele neue, außergewöhnlich schöne Motive!

🇬🇧 MERTENS, COLOR EXPLOSION: The wonderful woodcraft manufacturer Alfred Mertens suffered particularly severely from material shortages during the Second World War—more than any other major producer of German Wall Figures. The Mertens wartime wood plaques were small, pale, and dull, especially because the protective varnish was no longer available. That is why the Mertens wood pictures from the early postwar years stand out so vividly: All colors were available again, including the varnish that made the figures truly shine. The end of the war also seems to have given the Mertens team new courage—besides the “color explosion” (more colorful than ever before!), there were also many new and exceptionally beautiful designs. (Buch/25)

1940er Hellerkunst: Prachtvolles Feuertanz-Rumpelstilzchen, Handbemalt, 27 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Hellerkunst: Magnificent Fire Dance Rumpelstiltskin, Hand-painted, 27 cm, German Wall Figure

RUMPELSTILZCHEN: Die allermeisten Rumpelstilzchen-Holzbilder aus dem 20. Jahrhundert zeigen es mit dem berühmten Lagerfeuer. Der böse Brüder-Grimm-Gnom tanzt darum herum, schmiedet Pläne und ist voller Vorfreude. Aber es gibt Ausnahmen: Da sehen wir auch die (oft weinende) Müllerstochter zum Beispiel mit dem Stroh, das sie zu Gold spinnen soll. Und neben ihr das Rumpelstilzchen, das seine Hilfe anbietet und jedes Mal sinngemäß wissen will – „Was kriege ich dafür?“ Mein Favorit unter den Rumpelstilzchen ist die Art Deco Mertens-Figur aus den 1930er Jahren, wo das Rumpelstilzchen wie eine große Elfe aussieht, mit grünem kurzen Hoodie und nackten Beinen.

🇬🇧 RUMPELSTILTSKIN: Most of the Rumpelstiltskins on the German Wall Figures of the last century are shown with his famous campfire. The evil Brothers Grimm’s gnome is dancing around it, making plans and looking forward to the promised gift. But there are exceptions: I know wood pictures where we also see the (often crying) miller’s daughter for example with all the straw she’s supposed to spin to gold. Next to her we see Rumpelstiltskin (or Rumplestitskin or Rumple) offering his help. And always asking: “What’s in it for me?” My favorite is the antique Mertens Rumpelstiltskin wood plaque from the 1930s where he looks like a large fairy, with his short green hoodie and naked legs. (Buch/25)

1940er Unbekannt: Wunderschönes kleines Schneewittchen mit hübschen sieben Zwergen, Handbemalt, 16 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Unknown: Beautiful Little Snow White with Pretty Seven Dwarfs, Hand-painted, 16 cm, German Wall Figure

UNBEKANNTE MANUFAKTUREN: Es gab im letzten Jahrhundert sehr viele Hersteller von Märchen-Holzbildern; es waren sicher viele Hundert verschiedene. Ich bin immer froh, wenn ein Herstellername auf der Rückseite einer Figur steht. Oft ist das aber nicht der Fall und ich bin auf Hinweise von anderen angewiesen. Wenn Sie etwas über mir unbekannte (oder auch bekannte) historische Holzbild-Manufakturen wissen, melden Sie sich bitte! So viel Wissen ist schon verloren gegangen, aber manchmal können sich die Nachfahren einer Manufaktur, zum Beispiel Enkel oder Urenkel noch daran erinnern oder jemand kennt jemanden, der bei einem Hersteller der alten Wandfiguren gearbeitet hat, in Deutschland oder auch in anderen Ländern, vie zum Beispiel den Niederlanden.

🇬🇧 UNKNOWN MANUFACTURERS: There were so many manufacturers of German Wall Figures in the last century–it must have been hundreds of different ones. I’m always happy when there’s a producer’s name on the back of a wood picture. But very often that’s not the case and I need help from others out there. If you know something about unknown old manufactures (or about known ones, too,)–please get in touch! So much knowledge is already gone, but sometimes the descendants of a manufacturer, for example grandchildren or great-grandchildren might remember things or someone might know someone who once worked for a producer of the old children’s wall figures, in Germany or other countries, for example the Netherlands, too. (Buch/25)

1930er Mertens-Kunst: Filigraner Till Eulenspiegel mit knielanger Narrenkappe, Handbemalt, 25 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1930s Alfred Mertens: Delicate Till Eulenspiegel with Knee-Length Jester’s Cap, Hand-painted, 25 cm, German Wall Figure

TILL EULENSPIEGEL: Der meist im Narrenkostüm (Hofnarr) dargestellte Till Eulenspiegel lebte vor etwa 700 Jahren. In der Stadt Mölln finden regelmäßig die Eulenspiegel-Festspiele statt, die an seine Streiche und seine Klugheit erinnern. Auf den Wandfiguren des 20. Jahrhunderts findet man ihn eher selten. Das schönste Till-Eulenspiegel-Holzbild stammt von Mertens: Es ist eine Art Deco Figur mit sehr langer, filigran ausgesägter Narrenkappe, die ihm fast bis zu den Knien reicht. Da kommt Till Eulenspiegel sogar ohne seine beiden Attribute aus (Eule und Spiegel) und man erkennt ihn trotzdem.

🇬🇧 TILL OWLGLASS: “Till Eulenspiegel” was a very clever jester who lived about 700 years ago in the German town of Mölln. He is most often shown in his jester costume with cap and bells, usually accompanied by an owl and a hand mirror. You’ll not find many German Wall Figures from the last century with this motif, but there are some. The most beautiful one is early Mertens: An Art Deco wood plaque with a delicate jester’s cap that is so long it almost reaches his knees. It’s one of my favorite wall figures! (Buch/25)

1940er Hellerkunst: Großer Wächter mit hohem Punkte-Hut, Handbemalt, 29 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Hellerkunst: Large Guard with Tall Polka Dot Hat, Hand-painted, 29 cm, German Wall Figure

MAGDA-HELLER-AUGEN: Das Zeichnen der Gesichter auf den Märchen-Holzbildern aus dem letzten Jahrhundert, besonders das Zeichnen der Augen, war immer das Schwierigste. Magda Heller, die unübertroffene Hellerkunst-Künstlerin, hat diesen Teil der Arbeit meist selbst übernommen. Das Anmalen der Figuren hingegen konnte von den (oft ungefähr dreißig) „Malmädchen“ ausgeführt werden. Selbst in der frühen Siebdruckzeit wurden die Augen (und auch die Hände) bei Hellerkunst noch handbemalt, meist auch noch von Magda Heller persönlich, wie mir ihr Sohn Klaus Heller im neuen Jahrtausend erzählte.

🇬🇧 MAGDA HELLER EYES: Drawing the faces on the German Wall Figures from the last century, especially the eyes, was always the most difficult part. Magda Heller, the unsurpassed Hellerkunst artist, usually handled this part of the work herself. The rest of the painting of the figures, however, could be done by the (often around 30) “painting girls.” Even in the early days of screen printing, the eyes (and hands) were still hand-painted at Hellerkunst, usually by Magda Heller herself, as her son Klaus Heller told me in the new millennium. (Buch/25)

1940er Mertens-Kunst: Nachkriegs-Gärtner mit gelbem Sonnenhut, Handbemalt, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Alfred Mertens: Postwar Gardener with Yellow Sun Hat, Hand-painted, 24 cm, German Wall Figure

MERTENS, FARBEXPLOSION: Die Manufaktur von Alfred Mertens hatte während des Zweiten Weltkriegs besonders stark – so sehr wie kein anderer der großen Hersteller von Märchen-Holzbildern – unter dem Materialmangel gelitten. Die Figuren aus den Kriegsjahren waren klein, blass und matt, denn besonders der Schutzlack (Firnis) war nicht mehr verfügbar gewesen. Das ist der Grund, warum die Mertens-Holzbilder der ersten Nachkriegsjahre extrem hervorstechen: Alle Farben waren wieder verfügbar, auch der Schutzlack, der die Figuren erst richtig zum Leuchten brachte. Das Kriegsende scheint dem Mertens-Team besonderen Mut gemacht zu haben, denn neben der „Farbexplosion“ (bunter als je zuvor!) gab es auch viele neue, außergewöhnlich schöne Motive!

🇬🇧 MERTENS, COLOR EXPLOSION: The wonderful woodcraft manufacturer Alfred Mertens suffered particularly severely from material shortages during the Second World War—more than any other major producer of German Wall Figures. The Mertens wartime wood plaques were small, pale, and dull, especially because the protective varnish was no longer available. That is why the Mertens wood pictures from the early postwar years stand out so vividly: All colors were available again, including the varnish that made the figures truly shine. The end of the war also seems to have given the Mertens team new courage—besides the “color explosion” (more colorful than ever before!), there were also many new and exceptionally beautiful designs. (Buch/25)

1940er Weha-Kunst: Filigraner Zwerg mit Bundhaube und Kerzenschein, Handbemalt, 22 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Weha-Kunst: Delicate Dwarf with Coif and Candlelight, Hand-painted, 22 cm, German Wall Figure

WEHA, HANDBEMALT: Die ersten Wandfiguren von Fritz Haupt waren noch komplett handbemalte Art Deco Holzbilder. Sie sind kleine Meisterwerke und gehören zu den zauberhaftesten der Märchen-Holzbild-Ära. (Siehe Buchcover!) Beispiele: Das zarte Dornröschen mit den überlangen weißen Ärmeln, die Flatterrock-Gretel mit dem Pagen-Hänsel und der Rattenfänger von Hameln mit fliegendem Frack.

🇬🇧 WEHA, HAND-PAINTED: The early Art Deco Wall Figures by Fritz Haupt were still completely hand-painted. They are small masterpieces and belong to the most magical ones of the German Wall Figures era. Early Weha examples: The dainty Sleeping Beauty with the overlong white sleeves, the Gretel with a fluttering red skirt and the page boy Hansel (see the cover of this book!), and the Rat Catcher of Hamelin with a flying cape. (Buch/25)