1930er (?) Ravi-Kunst: Antikes erstes Design vom Akkordeon-Zwerg?, Handbemalt, 20 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1930s (?) Ravi-Kunst: Antique First Draft of Accordion Dwarf?, Hand-painted, 20 cm, German Wall Figure

RAVI, ÜBERSICHT: Die Manufaktur Ravi-Kunst existierte von 1940 bis ungefähr 1970, also etwa dreißig Jahre lang. Diese Hamburger Firma wurde mitten im Zweiten Weltkrieg gegründet: Es war eine mutige Frauengründung im Jahr 1940. Aus der Kriegsgründung wurde eine Lebensgrundlage für mehrere Jahrzehnte. So entstanden Tausende von reizenden Märchen-Holzbildern, komplett handbemalt. Der Firmenname setzt sich aus den Nachnamen der beiden Künstlerinnen Erna Rath und Lisa Viertel zusammen: Ra+Vi = Ravi.

🇬🇧 RAVI, OVERVIEW: The arts and crafts producer Ravi-Kunst (Ravi-Art) existed from 1940 to around 1970, about 30 years. This manufacturer from Hamburg was actually founded in the middle of the Second World War, in 1940, and it was a brave women’s initiative. Erna Rath and Lisa Viertel of Ravi-Kunst created themselves a living for several decades and designed thousands of beautiful German Wall Figures, all of them hand-painted. From their surnames they created their company’s name: Ra+Vi = Ravi. (Buch/25)

1930er (?) Ur-Ravi-Kunst: Erster Entwurf von Hans im Glück?, Handbemalt, 21 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1930s (?) Early Ravi-Kunst: First Draft of Hans in Luck?, Hand-painted, 21 cm, German Wall Figure

RAVI, NORDDEUTSCHE FACHSCHULE FÜR MODE: Lisa Viertel hat an der „Norddeutschen Fachschule für Mode“ in Hamburg studiert; danach machte sie sich als „Modezeichnerin“ selbstständig. Die Anmeldung war zum 19.02.1940, zunächst als „Hausgewerbe“, da Lisa Viertel zu dieser Zeit noch bei ihren Eltern im Hamburger Moorkamp lebte. Kurz darauf lernte sie Erna Rath kennen, und die beiden Frauen gründeten „Ravi-Kunst“: „Ra“ für Rath, „Vi“ für Viertel. Als talentierte Schneiderin gab Lisa Viertel ihren Märchen-Holzbildern unter anderem Stehkragen, Schalkragen, Unterkleider, Pudelmützen und besonders fein gezeichnete Gesichter, oft mit langen Wimpern. Sie selbst liebte es, sich schönzumachen und trug manchmal sogar falsche Wimpern. Lisa Viertel übernahm auch viele der Werbeaufträge, die Ravi-Kunst erhielt: Die Werbeaufträge von verschiedenen Hamburger Firmen waren quasi das zweite Standbein der beiden „Ravis“.

🇬🇧 RAVI, NORTH GERMAN SCHOOL OF FASHION: Lisa Viertel studied at the „Norddeutsche Fachschule für Mode“ in Hamburg, then she became self-employed as a fashion illustrator. The registration was on February 19, 1940; initially as a „household business“, because at that time Lisa Viertel was still living with her parents in Moorkamp in Hamburg. Shortly afterwards, she met Erna Rath, and the two women became “Ravi-Kunst”–“Ra” for Rath, “Vi” for Viertel. As a talented seamstress, Lisa Viertel soon gave her German Wall Figures beautiful stand-up collars, shawl collars, underdresses, bobble hats, and particularly finely drawn faces, often with long eyelashes. She also loved to make herself beautiful and sometimes even wore false eyelashes. Lisa Viertel also took on many of the advertising orders that Ravi-Kunst received: Those advertising orders from various Hamburg companies were, so to speak, the second source of income for the two “Ravis”. (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Schneewittchen mit blauem Haarband, Handbemalt, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Snow White with Blue Hairband, Hand-painted, 24 cm, German Wall Figure

RAVI, SCHNEEWITTCHEN: „Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz.“ Ich kenne mehr als zehn verschiedene Ravi-Kunst-Schneewittchen – die meisten in gelben Kleidern. Selbst die beiden Versionen mit hellblauem und rosa Kleid tragen ein gelbes Unterkleid. Nur zwei sehr alte Ravi-Schneewittchen (frühe 1940er) hatten ganz einfarbige Kleider: Eines war rosa und das wohl älteste trug ein weißes Kleid; es hat auch den sehr alten, breiten Ravi-Kunst-Stempel. Das Schneewittchen hat sehr lange Haare, die unten ausgesägt sind, was die Figur zerbrechlicher macht als die späteren Ravi-Holzbilder.

🇬🇧 RAVI, SNOW WHITES: „White as snow, red as blood, black as ebony.” I’ve known about a dozen different Snow Whites by Ravi-Kunst–most of them in yellow dresses. Even those two versions with the light blue and baby pink dresses have a yellow shift underneath. Only two very old Ravi Snow Whites I’ve known so far (early 1940s) had completely plain dresses: one was light pink and the oldest one was white–it also has the very early wide Ravi-Kunst stamp on the back. That Snow White also has very long hair that is sawn out at the bottom, which makes the figure more fragile than the later Ravi wood plaques. (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Gelbes Rüschenkragen-Schneewittchen, Handbemalt, 23 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Yellow Ruffled Collar Snow White, Hand-painted, 23 cm, German Wall Figure

HAPTIK: Das hervorstechendste Merkmal der vergangenen Ära der Märchen-Holzbilder ist die Tatsache, dass die Figuren zwar dünn (meist 3 mm), aber dennoch kompakt und solide waren. Auf Holz gemalt oder auf Holz gedruckt, aber in jedem Fall so, dass man etwas Festes in den Händen hielt. Das ist der große Unterschied zu einer Kinderbuch-Illustration, die nur aus Papier besteht. Es ist auch etwas ganz anderes als die modernen Merchandise-Produkte für Kinder, die in der Regel aus Kunststoff bestehen.

🇬🇧 HAPTICS: The most striking feature of the old German Wall Figures era is the fact that they were made of wood. Very thin (mostly 3 mm), but still something solid. That is a big difference to illustrations in children’s books that only consist of paper. The wall figures were wooden products, and that’s one of the reasons they still create such a special nostalgic feeling: This old-fashioned Brothers Grimm “merchandise” didn’t come in plastic. That’s why they appeal to collectors in the new century, too. (Buch/25)

1940er Ravi-Kunst: Zwerg mit großer Pfeife auf blauem Sockel, Handbemalt, 22 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Ravi-Kunst: Dwarf with Large Pipe on Blue Base, Hand-painted, 22 cm, German Wall Figure

RAVI, ZWERGENWERKSTATT: Lisa Viertel und Erna Rath hatten einen Spitznamen für ihre Manufaktur – sie haben das Ravi-Kunst-Atelier immer „Zwergenwerkstatt“ genannt. Daran kann sich der Großneffe von Erna Rath, Ulrich Wigger, im neuen Jahrtausend noch gut erinnern, denn er hatte als Kind den Betrieb (damals im Hamburger Hopfensack 6) häufig besucht. Besonders lebhaft erinnert er sich an einen Apparat, der ihn damals sehr faszinierte: Es war das Stanzgerät, mit dem die doppelseitigen runden Nieten an den Hampelmännern befestigt wurden. Diese Nietenpresse war auch das Geheimnis hinter der Stabilität der Ravi-Kunst-Hampelmänner: Die Nieten waren immer aus Metall, selbst noch in den 1970er Jahren, als Hersteller wie Mertens und Grossmann längst auf Nieten aus Plastik umgestiegen waren.

🇬🇧 RAVI, DWARF WORKSHOP: Lisa Viertel and Erna Rath had a nickname for their woodcraft studio–they always called the Ravi-Kunst studio “Zwergenwerkstatt” (dwarf workshop). Erna Rath’s great-nephew, Ulrich Wigger, still remembers this well in the new millennium, as he frequently visited Ravi-Kunst (back then at Hamburger Hopfensack 6) as a child. He particularly vividly remembers a device that fascinated him at the time: It was the manual rivet press, used to attach the double-sided round rivets to the jumping jacks. This rivet press was also the secret behind the stability of the Ravi jumping jacks: The rivets were made of metal, even in the 1970s, when manufacturers like Mertens and Grossmann had long since switched to plastic rivets. (Buch/25)

1960er Ravi-Kunst: Kleiner Hosen-Zwerg mit Apfel, Handbemalt, 13 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Ravi-Kunst: Small Dwarf with Pants and Apple, Hand-painted, 13 cm, German Wall Figure

KINDERHAPTIK: Das Wort Laubsägearbeit kommt tatsächlich von den ersten Formen dieser Arbeiten aus dem 19. Jahrhundert – es waren oft Blätter mit zackigen Rändern, auch innen filigran ausgesägt. Das war nichts für Kinderhände. Die frühen Märchen-Holzbilder waren ebenfalls häufig noch filigran, aber später wurden die Figuren griffiger: mit abgerundeten Seiten und ohne Innen-Ausschnitte. Am schönsten liegen wohl die späten Ravi-Kunst-Figuren in der Hand, zumal die Oberfläche so schön glatt ist – das lag an der Handbemalung mit der dicken Lackschicht!

🇬🇧 HAPTICS FOR CHILDREN: The English word “fretwork” seems to stem from the intricate and difficult effort required. In German, the word for “fretwork” is “Laubsägearbeit,” which literally means “foliage work.” The very first fretwork motifs in the 19th century were indeed very delicate—cut both on the outside and the inside. The early German Wall Figures were still rather delicate as well, with parts that could easily break off–and often did, too. Over the decades, all of these wood pictures became sturdier, with more rounded edges—better for children’s hands; after all, they were toys. The best haptics came with the later Ravi-Kunst figures, especially because of their smooth surface: still hand-painted and always coated with a glossy finish. (Buch/25)

1960er Ravi-Kunst: Späte Hänsel und Gretel mit Farbabrieb, Design Erna Rath, 22 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Ravi-Kunst: Vintage Hansel and Gretel with Paint Wear, Design Erna Rath, 22 cm, German Wall Figure

RAVI, ZERWÜRFNIS: Etwa zwanzig Jahre lang waren Erna Rath und Lisa Viertel von Ravi-Kunst allerbeste Freundinnen. Die Freundschaft zerbrach Anfang der 1960er Jahre, vor allem wegen der langen Arbeitszeiten: Alle Wandfiguren wurden komplett handbemalt, und das hieß oft Zeichnen und Malen bis in die Nacht hinein, oft auch am Wochenende. Heute würde man sagen: Lisa Viertel litt zunehmend an ihrer schlechten Work-Life-Balance. Sie sehnte sich nach der Möglichkeit eines Privatlebens und stieg aus dem Betrieb aus, was Erna Rath der einst geliebten Freundin bis an ihr Lebensende nicht verzeihen konnte.

🇬🇧 RAVI, RIFT: Erna Rath and Lisa Viertel of Ravi-Kunst used to be very best friends. After 20 years, the friendship fell apart in the early 1960s, mainly due to the extremely long working hours: Painting each German Wall Figure by hand often meant working until midnight, and frequently on weekends as well. Today, we would say: Lisa Viertel increasingly suffered from her poor work-life balance. She longed for the possibility of a private life and eventually left the joint business. Erna Rath never forgave her once-beloved friend for what she considered a betrayal and she never spoke to her again, until her death. (Buch/25)

1960er „Haha Der schreitende Hampelmann“: Rüschenkragen-Kasper (Ravi-Design?), 25 cm 🇬🇧 1960s „Haha the Striding Jumping Jack“: Ruffled Collar Kasper (Ravi Design?), 25 cm

HAHA, RAVI-DESIGN: Es gibt deutliche Hinweise auf den Zusammenhang der beiden Hamburger Firmen Haha (HH) und Ravi-Kunst aus dem letzten Jahrhundert. Zum einen hatte Lisa Viertel bis zu ihrem Tod mehrere Dutzend Ravi-Figuren aufbewahrt, also Erinnerungen an ihre eigenen Ravi-Kunst-Jahre; wieso aber auch einige Hampelmänner von Haha, die dem Ravi-Stil sehr ähneln? Hatte sie sie selbst entworfen, noch zusammen mit Erna Rath? Zudem kenne ich ein Hampelmann-Mädchen „Mady“ von Haha, das ich zunächst eindeutig für eine Ravi-Figur hielt, bis ich den Haha-Stempel auf der Rückseite sah. Aber auch einige einzelne kleine Siebdruck-Figuren von den Haha-Schlüsselbrettern hatte Lisa Viertel aufbewahrt, die ebenfalls von Ravi entworfen sein könnten. Ravi selbst hat jedoch niemals Siebdruck angewandt; das hat mir die geliebte Nichte von Erna Rath, Ingeborg Wigger, ab dem Jahr 2020 immer wieder vehement versichert. Weiß jemand mehr über den Hersteller Haha? Bitte schreiben Sie mir!

🇬🇧 HAHA, RAVI DESIGN: There are indications of a connection between the two Hamburg-based companies Haha (HH) and Ravi-Kunst from the last century. For one thing, Lisa Viertel kept several dozen Ravi figures until her death, as mementos of her Ravi-Kunst years—but why also some Haha jumping jacks that closely resemble Ravi’s style? Could she have designed them herself, perhaps still together with Erna Rath? I also know of a Haha jumping jack girl named “Mady” that I originally took to be a Ravi figure—until I saw the Haha stamp on the back. Lisa Viertel had also kept several small screen-printed wood figures from Haha key racks that might also have been designed by Ravi. However, Ravi-Kunst never used screen printing; this was repeatedly and emphatically confirmed to me from 2020 onward by Ingeborg (“Borgi”) Wigger, the beloved niece of Erna Rath. Does anyone know more about the manufacturer Haha? Please get in touch! (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Hänsel und Gretel mit weißem Kragen, Handbemalt, 21 cm 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Hansel and Gretel with White Collar, Hand-painted, 21 cm, German Wall Figure

RAVI, JONGLIERENDER ZWERG: Der jonglierende Zwerg war lange das Markenzeichen von Ravi-Kunst. Als Stempel zierte er alle Rückseiten der fünfziger Jahre. Es gab ihn auch als großes Holzbild-Logo, das im Atelier Hopfensack 6 im Fenster hing. Zu den Spielzeugmessen wurde der Zwerg abgenommen, damit er den Ravi-Stand zieren konnte.

🇬🇧 RAVI, JUGGLING DWARF: The juggling dwarf was for a long time the trademark of Ravi-Kunst. As a stamp, it adorned all backs in the 1950s. There was also a large wood picture logo of him, which hung in the window of the studio at Hopfensack 6. For the toy fairs, the dwarf was taken down so that it could decorate the Ravi booth. (9/5)

1950er Ravi-Kunst: Roter Zwerg mit Axt, 25 cm, Handbemalt, Hampelmann 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Red Dwarf with Axe, 25 cm, Hand-painted, Jumping Jack

RAVI, HAMPELMÄNNER: Ravi-Kunst aus Hamburg hat im letzten Jahrhundert viele reizende und äußerst originelle Hampelmänner hergestellt. Ich kenne zum Beispiel das schwarze „Kätzchen“ mit Dirndlkleid aus den 1940er Jahren, das in der frühen Version sogar noch eine filigrane Feder auf seinem kleinen Hut trägt. Alle Hampelmänner von Ravi sind komplett handbemalt und mit stabilen Metallverbindungen versehen: Ich habe noch nie eine Ravi-Hampelfigur mit losen Gliedern gesehen!

🇬🇧RAVI, JUMPING JACKS: The manufacturer Ravi-Kunst from Hamburg created many charming and unique jumping jack figures around the middle of the last century. For example, there is the black kitten in a dirndl dress from the 1940s, with a delicate feather on its little hat. All jumping jack toys by Ravi were completely hand-painted, and their stability is truly impressive: I’ve never encountered a Ravi-Kunst pull figure with loose limbs! (Buch/25)