1960er „Haha Der schreitende Hampelmann“: Gärtner mit Strohhut, Design Ravi-Kunst (?), 24 cm 🇬🇧 1960s “Haha The Walking Jumping Jack”: Gardener with Straw Hat, Design Ravi-Kunst (?), 24 cm

HAHA, NAME: Der Hersteller Haha hat vermutlich in den 1950er und 1960er Jahren seine Holzwaren hergestellt, zum Beispiel Kindermesslatten und Schlüsselbretter, vor allem aber Hampelmänner, allen voran „Der schreitende Hampelmann.“ Der häufigste Rückseiten-Stempel zeigt einen lustigen Clown, der rechts und links neben ihm jeweils den Buchstaben „H“ stehen hat. Um den Clown herum steht kreisförmig Folgendes geschrieben: „Spielwaren Marke Haha“. Der Firmenname „Haha“ bezieht sich offenbar einerseits auf den Herstellungsort Hamburg (deshalb auch das „HH“ neben dem Clown, das für „Hansestadt Hamburg“ steht). Andererseits könnte das „Haha“ zusätzlich für „Hamburger Hampelmänner“ stehen und sollte wohl außerdem andeuten, dass es sich um sehr lustige Motive handelt.

🇬🇧 HAHA, NAME: The manufacturer Haha probably produced their wooden toys in the 1950s and 1960s, for example children’s measuring sticks and key racks, but above all jumping jacks, especially “Der schreitende Hampelmann” (the walking jumping jack). The most common stamp on the back shows a funny clown with the letter “H” on either side of him. The following is written in a circle around the clown: “Spielwaren Marke Haha” (toys brand Haha). On the one hand, the company name “Haha” probably refers to the place of production in Hamburg (hence the “HH” next to the clown, which stands for “Hanseatic City of Hamburg”). On the other hand, the “Haha” most likely also stands for “Hamburger Hampelmänner” (Hamburg Jumping Jacks) and is also intended to indicate that they produced very funny motifs. (Buch/25)

1940er Ravi-Kunst: Jahrhundertmitte filigraner Nackt-Knie-Zwerg mit Schnatter-Spatz, Handbemalt, 21 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1940s Ravi-Kunst: Midcentury Filigree Naked Knees Gnome with Chattering Sparrow, Hand-painted, 21 cm, German Wall Figure

NACKTKNIE-ZWERGE: Viele der frühen Zwergen-Holzbilder hatten diese reizenden knubbeligen Knie und nackte Beine. Später haben die meisten Hersteller sie mit Hosen ausgestattet. Durch die breiteren Hosen wurden die Figuren stabiler, das war wohl der Hauptgrund. Ein zweiter Grund: Knie sind schwer zu zeichnen und Hosen entsprechend einfacher. Bei den frühen Ravi-Wandfiguren ist die Kombination von nackten Beinen und kurzem Hoodie besonders reizend, zum Beispiel bei der 1940er-Figur „Zwerg mit Hellebarde“: Da steht das kurze Hoodie-Kleid sogar noch nach vorne ab.

🇬🇧 NAKED KNEES GNOMES: Many of the early gnomes on German Wall Figures had those cute naked legs with knobbly knees. Later, most producers gave them trousers. With the wider trousers the figures became less fragile–that was probably the main reason. Another reason: Knees are hard to draw, trousers are easier. The early Ravi wood plaques had this charming combination of naked legs and very short hoodies, for example with the 1940s figure “Dwarf with Halberd”: The short hoodie dress even lifts slightly at the front. (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Sandmännchen mit Turban und Hosen, Handbemalt, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Sandman with Turban and Pants, Hand-painted, 24 cm, German Wall Figure

SANDMANN, SANDMÄNNCHEN: Der Sandmann ist ein häufiges Motiv auf den Märchen-Holzbildern aus dem letzten Jahrhundert. Zuerst gab es den klassischen Sandmann: „Der Sandmann“ ist eigentlich ein Märchen von Hans Christian Andersen, aber schon vorher schrieb E.T.A. Hoffmann eine (gruselige) Geschichte mit dem gleichen Titel. 1959 war die „Geburt“ von „Unser Sandmännchen“ in der DDR und etwas später folgte das BRD-Sandmännchen. Der Unterschied ist leicht zu merken: spitzer Bart = Ost-TV-Sandmännchen und breiter Bart = West-TV-Sandmännchen.

🇬🇧 SANDMAN, LITTLE SANDMAN: The Sandman was a common motif on German Wall Figures of the last century. First, there was the classic Sandman. “The Sandman” is originally a fairy tale by Hans Christian Andersen, but even before Andersen, E.T.A. Hoffmann wrote a (creepy) story with the same title. In 1959, the “Little Sandman” of East German television was born, and shortly after, the West German version followed. The difference is easy to spot: Pointed beard = East German Sandman, and wide beard = West German Sandman. (Buch/25)

1960er „Spielwaren Marke HaHa“: Süßes Hampelmann-Mädchen „Mady“, 24 cm 🇬🇧 1960s “Toy Brand HaHa”: Cute Jumping Jack Girl “Mady,” 24 cm

HAHA, GESCHÜTZTES SYSTEM: Der Hersteller „Haha“ aus Hamburg (auch “HH” geschrieben) hat vermutlich in den 1950er und 1960er Jahren seine Holzwaren hergestellt. Die Spezialität von Haha war „Der schreitende Hampelmann“; ein geschütztes System, das ich bisher auch nur von den Figuren dieses Herstellers kenne. Die Arme und Beine sind jeweils in drei Holzschichten mit dem Rumpf verbunden, mit insgesamt nur zwei Metallnieten in der Mitte, so dass man eine Art Gehbewegung sehen kann, wenn am Band gezogen wird. Die „Schreitenden Hampelmänner“ waren in der Regel aus Holz, es gab jedoch auch Pappe-Figuren, zum Beispiel der filigrane Gießkannen-Junge, der offenbar speziell für die Internationale Gartenschau Hamburg 1963 (damals IGA) als Werbung hergestellt wurde und den man vermutlich auch als Andenken kaufen konnte.

🇬🇧 HAHA, PROTECTED DESIGN: The old German manufacturer “Haha” from Hamburg (also written HH) produced their wood products most likely in the 1950s and 1960s. Haha’s specialty was “Der schreitende Hampelmann” (the walking jumping jack)–a protected design that I have only ever seen in figures from this manufacturer. The arms and legs are each connected to the torso in three layers of wood, with a total of only two metal rivets in the middle, so that you can see a kind of walking movement when the string is pulled. Most of the “walking jumping jacks” are made of wood, but I also know cardboard figures, for example the Watering Can Boy, which was made specifically for advertising at the Hamburg International Garden Show in 1963 (then IGA) and which you could probably also buy as a souvenir. (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Niedlicher Teddy im Overall im Raben-Gespräch, Handbemalt, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Cute Teddy in Overalls Talking with Raven, Hand-painted, German Wall Figure

RAVI, JONGLIERENDER ZWERG: Der jonglierende Zwerg war lange das Markenzeichen von Ravi-Kunst. Als Stempel zierte er alle Rückseiten der fünfziger Jahre. Es gab ihn auch als großes Holzbild-Logo, das im Atelier Hopfensack 6 im Fenster hing. Zu den Spielzeugmessen wurde der Zwerg abgenommen, damit er den Ravi-Stand zieren konnte.

🇬🇧 RAVI, JUGGLING DWARF: The juggling dwarf was for a long time the trademark of Ravi-Kunst. As a stamp, it adorned all backs in the 1950s. There was also a large wood picture logo of him, which hung in the window of the studio at Hopfensack 6. For the toy fairs, the dwarf was taken down so that it could decorate the Ravi booth. (9/5)

1960er Ravi-Kunst: Vintage Peterchens Mondfahrt mit großem Kopf, Handbemalt, 20 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Ravi-Kunst: Vintage Little Peter’s Journey to the Moon with Large Head, Hand-painted, 20 cm, German Wall Figure

KINDCHENSCHEMA: Das „Kindchenschema“ ist ein wissenschaftlicher Begriff. Große Köpfe und große Augen werden intuitiv als besonders niedlich und schützenswert empfunden. Der Begriff wurde im letzten Jahrhundert vom Nobelpreisträger Konrad Lorenz (Zoologe) geprägt. Vor allem in den Sechziger- und Siebzigerjahren waren diese besonders niedlichen Motive sehr beliebt. Viele Hersteller von Märchen-Holzbildern wandten das Kindchenschema an. Beispiel: Das 1930er-Mertens-Schneewittchen mit dem knielangen Zopf und dem Babybauch hat einen sehr kleinen Kopf, während das 1960er-Ballkleid-Schneewittchen von Mertens einen dreimal so großen Kopf hat.

🇬🇧 CUTENESS: “Cuteness” is actually a scientific expression. The German term for it (“Kindchenschema”) is internationally used: It was coined by the German zoologist Konrad Lorenz (Nobel Prize winner) in the last century. A large head and big eyes make people (and mammals, too) intuitively want to protect the young ones. These cute motifs were especially popular in the 1960s and 1970s. Many producers of German Wall Figures applied this to their children’s wood plaques. Example: The 1930s Mertens Snow White with the longest braid (and a baby belly) has a very small head, while the 1960s Mertens “Ball Dress Snow White” has a head three times its size. (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Kleiner Nacktknie-Zwerg mit Stablaterne, Handbemalt, 15 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Small Naked Knees Gnome with Pole Lantern, Hand-painted, 15 cm, German Wall Figure

RAVI, ZWERGENWERKSTATT: Lisa Viertel und Erna Rath hatten einen Spitznamen für ihre Manufaktur – sie haben das Ravi-Kunst-Atelier immer „Zwergenwerkstatt“ genannt. Daran kann sich der Großneffe von Erna Rath, Ulrich Wigger, im neuen Jahrtausend noch gut erinnern, denn er hatte als Kind den Betrieb (damals im Hamburger Hopfensack 6) häufig besucht. Besonders lebhaft erinnert er sich an einen Apparat, der ihn damals sehr faszinierte: Es war das Stanzgerät, mit dem die doppelseitigen runden Nieten an den Hampelmännern befestigt wurden. Diese Nietenpresse war auch das Geheimnis hinter der Stabilität der Ravi-Kunst-Hampelmänner: Die Nieten waren immer aus Metall, selbst noch in den 1970er Jahren, als Hersteller wie Mertens und Grossmann längst auf Nieten aus Plastik umgestiegen waren.

🇬🇧 RAVI, DWARF WORKSHOP: Lisa Viertel and Erna Rath had a nickname for their woodcraft studio–they always called the Ravi-Kunst studio “Zwergenwerkstatt” (dwarf workshop). Erna Rath’s great-nephew, Ulrich Wigger, still remembers this well in the new millennium, as he frequently visited Ravi-Kunst (back then at Hamburger Hopfensack 6) as a child. He particularly vividly remembers a device that fascinated him at the time: It was the manual rivet press, used to attach the double-sided round rivets to the jumping jacks. This rivet press was also the secret behind the stability of the Ravi jumping jacks: The rivets were made of metal, even in the 1970s, when manufacturers like Mertens and Grossmann had long since switched to plastic rivets. (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Kniender Zwerg und Hase beim Nachtgebet, Handbemalt, 21 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Kneeling Dwarf and Hare at Night Prayer, Hand-painted, 21 cm, German Wall Figure

ENGEL UND RELIGIÖSES: Religiöse Themen sind auf den historischen Märchen-Holzbildern kaum zu finden. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: Zum einen das Weihnachtsmotiv, insbesondere die Krippenszene von Bethlehem mit Maria, Josef und dem Jesuskind. Die zweite Ausnahme sind Engel – sie werden von vielen Menschen nicht zwingend mit Religion verbunden: Selbst viele Nicht-Religiöse schätzen Engel als geliebte Schutzsymbole.

🇬🇧 ANGELS AND RELIGIOUS MOTIFS: Religious themes are rarely found on historic German Wall Figures. But there are two exceptions: One is the subject of Christmas, especially the nativity scene with Mary, Joseph, and the baby Jesus in the manger. The second exception are angels, which many people do not necessarily associate with religion: Even non-religious people often cherish angels as beloved symbols of protection. (Buch/25)

1950er Ravi-Kunst: Goldmarie mit Hahn und roter Backsteinmauer, Handbemalt, 23 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Ravi-Kunst: Golden Mary with Rooster and Red Brick Wall, Hand-painted, 23 cm, German Wall Figure

GOLDMARIE UND PECHMARIE: Die Märchen-Holzbilder von Goldmarie und Pechmarie traten meist als Einzelfiguren auf. Goldmarie ist das gute und hilfsbereite Mädchen, das später mit berühmten Goldregen unter dem Goldtor belohnt wird. Es gibt einige Wandfiguren, auf denen die Goldmarie zusammen mit Frau Holle zu sehen ist, aber kaum eine, auf der Frau Holle mit der Pechmarie gemeinsam abgebildet ist. Typische Attribute der Goldmarie: ein goldenes Tor, Goldmünzen, ein Hahn, ein Brunnen, eine Spindel oder auch eine Wolke, auf der sie ein Kissen ausschüttelt, aus dem es schneit. Die Pechmarie ist häufig weinend dargestellt, meist auch mit dem schwarzen Pech auf ihrem Kleid.

🇬🇧 GOLDEN MARY AND PITCH MARY: Golden Mary and Pitch Mary are sisters—one good, one bad. Most often, they are shown on separate German Wall Figures. There are some figures where Mother Holle is depicted together with Golden Mary, but almost never with Pitch Mary. In the end, both receive a “reward”: one with gold, the other with pitch. Typical attributes of Golden Mary include: golden gate, gold coins, rooster, well, spindle, or a cloud where she shakes a pillow to make it snow. Pitch Mary is sometimes shown crying, and most of the time you’ll also see the black pitch she is covered with. (Buch/25)

1960er Ravi-Kunst: Sehr großer Kasper mit runden Formen, Entwurf Erna Rath, Handbemalt, 32 cm, Hampelmann 🇬🇧 1960s Ravi-Kunst: Very Large Kasper with Rounded Shapes, Draft by Erna Rath, Hand-painted, 32 cm, Jumping Jack

RAVI, ZERWÜRFNIS: Etwa 20 Jahre lang waren Erna Rath und Lisa Viertel von Ravi-Kunst allerbeste Freundinnen. Die Freundschaft zerbrach Anfang der 1960er Jahre, vor allem wegen der langen Arbeitszeiten: Alle Wandfiguren wurden komplett handbemalt, und das hieß oft Zeichnen und Malen bis in die Nacht hinein, oft auch am Wochenende. Heute würde man sagen: Lisa Viertel litt zunehmend an ihrer schlechten Work-Life-Balance. Sie sehnte sich nach der Möglichkeit eines Privatlebens und stieg aus dem gemeinsamen Betrieb aus, was Erna Viertel der einst geliebten Freundin bis an ihr Lebensende nicht verzeihen konnte.

🇬🇧 RAVI, RIFT: Erna Rath and Lisa Viertel of Ravi-Kunst used to be very best friends. After 20 years the friendship fell apart at the beginning of the 1960s, because of the extremely long working hours: Painting every wood plaque by hand meant working till midnight, sometimes on weekends, too. Lisa Viertel yearned for the possibility of a private life, and in the end, she did quit. Erna Rath never forgave the formerly beloved friend for what she considered treason and never spoke to her again, until her death. (4/5)