1960er Mertens-Kunst: Rosa Froschkönig mit Rüschenkleid, 23 cm, Plastikbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Pink Frog Prince with Ruffled Dress, 23 cm, Plastic Picture

MÄRCHEN-ATTRIBUTE: Es sind stets die kleinen Beigaben, die uns zeigen, welches Märchen auf einem Märchen-Holzbild gemeint ist. Ein Mädchen mit roter Kappe und Kuchenkorb, eine schlafende Prinzessin mit Spindel oder Rosenbusch, ein schwarzhaariges Mädchen mit Zwergen oder eine alte Frau mit Schneewolke – und wir wissen intuitiv, wer sie sind. Jedenfalls, wenn wir zu denen gehören, die immer noch Rotkäppchen, Dornröschen, Schneewittchen und Frau Holle kennen.

🇬🇧 FAIRY TALES, ATTRIBUTES: It’s the small added details that help us recognize a fairy tale on a German Wall Figure. A girl with a red cap and a cake basket, a sleeping princess with a spindle or a rose bush, a black-haired girl with dwarfs, or an old woman with a snow cloud—and we intuitively know who they are. That is, if we still remember Little Red Riding Hood, Sleeping Beauty, Snow White, and Mother Holle. (Buch/25)

1970er Mertens-Kunst: Sammlung mit Weihnachtsmann und Nussknacker, Siebdruck, 6–9 cm, Christbaumschmuck 🇬🇧 1970s Alfred Mertens: Collection with Santa Claus and Nutcracker, Screen-printed, 6–9 cm, Christmas Tree Decorations

ENGEL UND RELIGIÖSES: Religiöse Themen sind auf den historischen Märchen-Holzbildern kaum zu finden. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: Zum einen das Weihnachtsmotiv, insbesondere die Krippenszene von Bethlehem mit Maria, Josef und dem Jesuskind. Die zweite Ausnahme sind Engel – sie werden von vielen Menschen nicht zwingend mit Religion verbunden: Selbst viele Nicht-Religiöse schätzen Engel als geliebte Schutzsymbole.

🇬🇧 ANGELS AND RELIGIOUS MOTIFS: Religious themes are rarely found on historic German Wall Figures. But there are two exceptions: One is the subject of Christmas, especially the nativity scene with Mary, Joseph, and the baby Jesus in the manger. The second exception are angels, which many people do not necessarily associate with religion: Even non-religious people often cherish angels as beloved symbols of protection. (Buch/25)

1960er Mertens-Kunst: Aschenputtel mit roten Haaren und Dutt, Siebdruck, 24 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Cinderella with Red Hair and Bun, Screen-printed, 24 cm, German Wall Figure

KINDCHENSCHEMA: Das „Kindchenschema“ ist ein wissenschaftlicher Begriff. Große Köpfe und große Augen werden intuitiv als besonders niedlich und schützenswert empfunden. Der Begriff wurde im letzten Jahrhundert vom Nobelpreisträger Konrad Lorenz (Zoologe) geprägt. Vor allem in den Sechziger- und Siebzigerjahren waren diese besonders niedlichen Motive sehr beliebt. Viele Hersteller von Märchen-Holzbildern wandten das Kindchenschema an. Beispiel: Das 1930er-Mertens-Schneewittchen mit dem knielangen Zopf und dem Babybauch hat einen sehr kleinen Kopf, während das 1960er-Ballkleid-Schneewittchen von Mertens einen dreimal so großen Kopf hat.

🇬🇧 CUTENESS: “Cuteness” is actually a scientific expression. The German term for it (“Kindchenschema”) is internationally used: It was coined by the German zoologist Konrad Lorenz (Nobel Prize winner) in the last century. A large head and big eyes make people (and mammals, too) intuitively want to protect the young ones. These cute motifs were especially popular in the 1960s and 1970s. Many producers of German Wall Figures applied this to their children’s wood plaques. Example: The 1930s Mertens Snow White with the longest braid (and a baby belly) has a very small head, while the 1960s Mertens “Ball Dress Snow White” has a head three times its size. (Buch/25)

1950er Mertens-Kunst: Blaues Sterntaler mit Kopfstern in Hellblau, Siebdruck, 19 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Blue Star Money Girl with Head Star in Light Blue, Screen-printed, 19 cm, German Wall Figure

MERTENS, UTE MERTENS: Ute Mertens (1937-1996), die Tochter von Alfred Mertens, ist bisher die einzige Künstlerin von Mertens-Kunst, von der ich den Namen weiß. Ihr Name steht auf Zehntausenden von Mertens-Wandfiguren der 1960er- bis 1980er-Jahre. Ute Mertens hat seit den späten 1950er Jahren die Mertens-Entwürfe gezeichnet. Leider weiß ich nichts über die frühen Künstler aus den 1930er- und 1940er-Jahren, als der Mertens-Stil noch völlig anders war. Eventuell war Alfred Mertens selbst der Künstler. (Aus dem Buch: Die Ära der Märchen-Holzbilder, Vintage German Wall Figures, 2025, Christiane Dietz)

🇬🇧 MERTENS, UTE MERTENS: Ute Mertens (1937-1996), the daughter of Alfred Mertens, is the only known artist of Mertens-Kunst. Her name appears on tens of thousands of Mertens wall figures from the 1960s to the 1980s. Ute Mertens drew the Mertens designs from the late 1950s onward. Unfortunately, I know nothing about the early artists from the 1930s and 1940s, when the Mertens style was completely different. It is possible that Alfred Mertens himself was the artist. (From the Book: Vintage German Wall Figures, Die Ära der Märchen-Holzbilder, 2025, Christiane Dietz)

1960er Mertens-Kunst: Gestiefelter Kater mit großen Augen ohne Sockel, Siebdruck, 21 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Puss in Boots with Big Eyes without Base, Screen-printed, 21 cm, German Wall Figure

MERTENS, GESTIEFELTER KATER: Ich kenne bisher lediglich vier verschiedene Märchen-Holzbilder, die Alfred Mertens von dem Gestiefelten Kater gemacht hat. Die älteste Figur ist weiß und nackt mit einem Gewehr; dann folgen ein weißer Kater mit einer roten Weste, ein weiß-grauer Kater mit offenem Cape und der schwarz-weiße Kater mit großen Augen.

🇬🇧 MERTENS, PUSS IN BOOTS: I have seen four different German Wall Figures of the Puss in Boots motif by Alfred Mertens so far. The oldest figure is white and naked with a rifle; then came white with a red vest, white-grey with an open cape, and white-black with cheerful large eyes. (Buch/25)

1950er Mertens-Kunst: Hans im Glück mit feinem Gesicht und Stehkragen, Siebdruck, 22 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Hans in Luck with Fine Face and Stand-Up Collar, Screen-printed, 22 cm, German Wall Figure

MERTENS, GRÖSSENSCHRUMPFUNG: Mit dem Zweiten Weltkrieg wurden die Märchen-Holzbilder von Mertens-Kunst kleiner. Das geschah aus der Not heraus: Die Manufaktur von Alfred Mertens hatte besonders unter der Materialknappheit zu leiden. Die einstmals bis zu 30 cm großen Wandfiguren wurden mit einem Mal weniger als 20 cm hoch. Das sparte Holz sowie auch Farben und Firnis, die ebenfalls schwer erhältlich waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben die meisten Figuren erst einmal klein, dann pendelten sie sich bei einem Durchschnitt von etwa 21 cm ein. Die stolzen Größen der alten Mertens-Figuren aus den Vorkriegsjahren waren somit Vergangenheit.

🇬🇧 MERTENS, SIZE SHRINKING: During the Second World War, the German Wall Figures by Mertens-Kunst became smaller. That was due to the fact that Alfred Mertens’ workshop suffered especially from material shortages—not only varnish and paint, but wood had become scarce as well. The once up to 30 cm tall wood plaques suddenly shrank to under 20 cm. In the first postwar years, most figures remained small, and later settled at an average height of about 21 cm. The proud sizes of the prewar Mertens wood pictures were history. (Buch/25)

1960er Mertens-Kunst: Glücklicher kleiner blauer Zwerg auf Stein, Siebdruck, 14 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1960s Alfred Mertens: Happy Small Blue Dwarf on Stone, Screen-printed, 14 cm, German Wall Figure

SCHNEEWITTCHEN-ZWERGE: Das Märchen-Holzbild vom Schneewittchen wurde meist mit einem oder zwei kleineren Zwergen dargestellt. Die fünf oder sechs fehlenden Zwerge wurden häufig als zusätzliche Einzelfiguren produziert. Sie bekamen verschiedene Attribute, wie zum Beispiel Laterne, Blaubeere, Geschenk, Krone, Fliegenpilz, Marienkäfer, Apfel, Blatt, Axt oder Flöte. Zehntausende dieser Mini-Gnome kamen von den großen Manufakturen wie Mertens, Heller und Ravi. Aber es gab auch weitere Hersteller, unter anderem die fast vergessenen „Irmscher Figuren“ aus der Karl-Marx-Stadt (DDR, heute wieder Chemnitz genannt). Die Irmscher Figuren hatten schöne kleine Schneewittchen-Zwerge produziert, alle auf einem grünen Wiesen-Sockel mit kleinen Blümchen.

🇬🇧 SNOW WHITE DWARFS: The Snow White figure often came with one or two small dwarfs attached. The missing five or six ones were very often produced as small single figures. Most of the time they had an attribute, too: Lantern, blueberry, gift, crown, toadstool, ladybug, apple, leaf, axe or flute. Tens of thousands of those mini gnomes came from the large manufacturers like Mertens, Ravi, and Heller. But they were not the only ones: One almost forgotten producer in the last century was “Irmscher Figuren” from Karl-Marx-Stadt. The name Karl-Marx-Stadt was invented by the then Communist government of East Germany, the GDR. After the fall of the Berlin Wall, the city got its original name back: Chemnitz. However, “Irmscher Figuren” produced many pretty small Snow White dwarfs back then: All came on a green meadow base with tiny flowers. (Buch/25)

1950er Mertens-Kunst: Schmaler Hans im Glück mit roten Haaren, Siebdruck, 19 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Slim Hans in Luck with Red Hair, Screen-printed, 19 cm, German Wall Figure

ÄRA: Die Ära der Märchen-Holzbilder dauerte von den 1920er- bis zu den 1980er-Jahren. Vor allem in Deutschland wurden Millionen dieser Kinder-Wandfiguren hergestellt, aber auch im Ausland – besonders in den Niederlanden. Zu den großen deutschen Manufakturen gehörten vor allem Hellerkunst, Mertens-Kunst, Ravi-Kunst, Grossmann Reit im Winkl, Original Bergischer Engel, die Münchner-Kunst und viele mehr. Insgesamt – inklusive der vielen kleinen, inzwischen vergessenen Manufakturen – gab es in Deutschland wohl mehrere Hundert. Und natürlich entstanden auch zahlreiche Laubsägearbeiten, die zu Hause als Hobbyarbeit gefertigt wurden. Meist griff man dabei auf Vorlagen zurück, von denen es im letzten Jahrhundert eine große Auswahl gab.

🇬🇧 ABOUT THE ERA: The era of German Wall Figures lasted from the 1920s to the 1980s. In Germany, millions of these children’s wood pictures were produced, but also in other countries–especially the Netherlands. Large German manufacturers were Hellerkunst, Mertens-Kunst, Ravi-Kunst, Grossmann Reit im Winkl, Original Bergischer Engel, Münchner-Kunst, and many more. In total–including the many small, now-forgotten manufacturers–there were probably several hundred in Germany. And of course, there were also countless hobby craft items made at home, most often based on templates, which were widely available throughout the last century. (9/5)

1950er Mertens-Kunst: Osterhase mit rosa Nase, Siebdruck, 21 cm, Märchen-Holzbild 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Easter Bunny with Pink Nose, Screen-printed, 21 cm, German Wall Figure

WIE HEISSEN DIE DENN JETZT? Die Märchen-Holzbilder aus dem letzten Jahrhundert haben viele Namen; so viele, dass sie eigentlich keinen haben. Ich habe den Genre-Namen „Märchen-Holzbilder“ geprägt, denn es sind Bilder aus Holz, meist mit klassischem Märchenmotiv. Mein englischer Genre-Name beschreibt die zusätzlichen Eigenschaften der „German Wall Figures“: Sie stammen zu 99 % aus Deutschland und sind Figuren, die man an die Wand hängt. Selbst die Hersteller hatten damals unterschiedliche Bezeichnungen für die Figuren. Sie nannten sie damals „Wandfiguren“ (Mertens), „Märchenfiguren“ (Heller), „Märchen-Wandfriese“ (Ravi) oder auch „Kinder-Wandbilder“ (Münchner).

🇬🇧 WHAT ARE THEY CALLED, NOW? The German Wall Figures from the last century have many names—so many that they basically have none. I coined two genre names: The German one is “Märchen-Holzbilder”, which translates to fairy tale wood pictures. The English genre name describes their other key features: “German Wall Figures.” 99% of them (millions, actually) were made in Germany and meant to be hung on the wall. Even the manufacturers used different terms back then: “Wandfiguren” (Mertens), “Märchenfiguren” (Heller), “Märchen-Wandfriese” (Ravi), or “Kinder-Wandbilder” (Münchner). (Buch/25)

1950er Mertens-Kunst: Liebevoller Eichhörnchen-Zwerg mit Schneetanne, „Winter“ 🇬🇧 1950s Alfred Mertens: Loving Squirrel Dwarf with Snowy Pine Tree, “Winter”, German Wall Figure

ZWERGE MIT TIEREN: Die Kombination von einem Zwerg und einem niedlichen Tier war auf den alten Märchen-Holzbildern sehr beliebt. Alfred Mertens zum Beispiel hatte gleich mehrere Wichtel-Serien mit Tieren: Zwerg mit Reh, mit Fuchs, mit Maus, mit Schmetterling, mit Eichhörnchen oder mit Vogel. Auch Grossmann, der Zwergen-Experte, kombinierte viele seiner Wichtel mit Tieren, zum Beispiel das frühe, noch ganz handbemalte Holzbild mit dem Pfötchen gebenden Fuchs. Beim Vorlagen-Hersteller Graupner waren Motive wie zum Beispiel „Beim Walddoktor“ und „Der Vogeldoktor“ sehr beliebt, wo ein Zwerg die Tiere liebevoll versorgt: Er verbindet das Bein eines Rehs oder gibt einem erkälteten Vogel mit einem Löffel Medizin.

🇬🇧 DWARFS WITH ANIMALS: The combination of gnome and animal on German Wall Figures was very popular back then. Alfred Mertens, for example, had several series with this combination: Dwarf with Doe, Dwarf with Fox, Dwarf with Mouse, Dwarf with Butterfly, Dwarf with Squirrel, or Dwarf with Bird. Grossmann, the dwarf expert, also combined many of their gnomes with animals. For example, there is a cute mid-century figure of a fox giving paw. The template producer Johannes Graupner/Graubele had some pretty motifs in store, too: “At the Forest Doctor’s” shows a dwarf fixing a doe’s injured knee, and “The Bird Doctor” has a dwarf spoon-feeding medicine to a bird with a cold. (Buch/25)